Interview mit Flurina Ruoss, Porträt

Interview mit Flurina Ruoss, Januar 2017

Die Dirigentin und Gesangspädagogin Flurina Ruoss leitet seit Januar den Gospelchor der Kantorei Meilen. Sie bringt viel Erfahrung in der Chorleitung und ein breites Repertoire mit. Viele Kantorei-Mitglieder kennen sie bereits als Stimmbildnerin des Motettenchors. Im Gottesdienst vom Einheitssonntag dieses Jahres hatte sie bereits ihren ersten Einsatz als Dirigentin des Gospelchors.

Im Dezember beantwortete sie die Fragen von Gabriela Leuthold vom Gospelchor.

Liebe Flurina, Du wohnst in Basel. Welche Beziehung hast du zu Meilen und Umgebung?
Ich bin in Rapperswil-Jona aufgewachsen und dadurch dem Zürichsee sehr verbunden. Die Landschaft ruft bei mir sofort Heimatgefühle hervor. Seit einiger Zeit darf ich ja auch den Motettenchor stimmbildnerisch unterstützen. Dadurch habe ich Meilen mehr kennengelernt.

Wie kamst du zum Singen? Haben dich deine Eltern musikalisch beeinflusst?
Die musikalische Begeisterung der Eltern hatte natürlich einen grossen Einfluss auf meine Entwicklung. Bei uns zuhause lief sonntagmorgens zum Brunch immer Musik. Oft Vivaldi und Strauss. Da meine Eltern begnadete Amateurmusiker sind, haben sie meinen musikalischen Weg immer sehr unterstützt und gefördert. Zum Singen kam ich zuerst über den Kinder- und Jugendchor und dann über die privaten Gesangsstunden.

Du bist Sängerin. Übst du täglich und wie lange?
Aktiv alleine übe ich zwischen zwei und fünf Stunden täglich. Das hängt davon ab, wie der Tagesablauf aussieht. Wenn ich noch weitere mehrstündige Proben habe, muss ich etwas aufpassen. Die Stimmbänder können im Gegensatz zur Geigensaite nicht acht Stunden am Tag beansprucht werden. Ich kann aber mental weiter üben. Bei meinen täglichen Zugfahrten kommt mindestens nochmals eine Stunde mentales Üben hinzu.

Auf welcher Bühne möchtest du als Sängerin einmal auftreten?
Ich habe einen geheimen Traum, der mit diesem Interview nicht mehr so geheim bleiben wird. Es gibt in Israel beim Totenmeer eine Festung von Herodes, Masada. Ein beeindruckendes Bauwerk inmitten von heissem Wüstensand. Hinter der Festung wurde eine Bühne installiert. Da zu singen wäre ein Traum. Natürlich nur spät am Abend. Die Tageshitze würde meiner Stimme nicht gut tun.

Hast du Vorbilder?
Ganz viele. Es gibt so wunderbare Sängerinnen und Sänger. Zuoberst auf meiner Liste stehen zur Zeit Diana Damrau, Vesselina Kasarova, Placido Domingo, Ghena Dimitrova, natürlich Maria Callas und noch so viele mehr.

Was gefällt dir an der Arbeit mit den Chören?
Schon in meiner Kindheit habe ich in einem Chor gesungen und meine wichtigsten Freundschaften sind beim gemeinsamen Singen entstanden. Zusammen arbeitet man auf ein Ziel hin. Das verbindet.

Ein gutes soziales Klima ist für mich Voraussetzung für das Einstudieren der Musik und das stimmbildnerische Arbeiten. Ich geniesse es zu verfolgen, wie unter meiner Leitung ein Stück an Gestalt und Inhalt gewinnt. Ich kann bei Proben sehr genau sein, denn ich arbeite auf den Moment hin, in dem alles stimmt. Wenn sich die Stimmen verbinden, weil der Chorklang homogen wurde und die Intonation stimmt, dann gibt es meines Erachtens nichts schöneres auf der Welt, als menschliche Stimmen, die mehrstimmig zusammen singen.

Bist du bei Auftritten aufgeregt und wie gehst du damit um?
Natürlich bin ich oft nervös vor Auftritten. Das gehört dazu und muss auch sein, um eine sehr gute Leistung liefern zu können. Um die Nervosität zu kanalisieren habe ich meine eigene Technik gefunden, welche für mich gut funktioniert. Ein bis zwei Stunden vor dem Auftritt stelle ich mir den Raum und das Publikum vor. Ich provoziere dadurch die Nervosität. Meine Theorie ist, dass ich dadurch schon Adrenalin verbrauche und während des Auftrittes nicht mehr genügend habe, um meine Leistung negativ zu beeinträchtigen.

Was sind deine Stärken?
Ich glaube eine wichtige Stärke ist mein ausgeprägter Humor. Dieser hilft mir dabei in schwierigen Situationen gewisse Dinge zu meistern. Das Leben gewinnt an Leichtigkeit, wenn man nicht alles ganz ernst nimmt.

Welche Fremdsprachen sprichst du?
Ich spreche Englisch, Französisch und etwas Spanisch. Durch das Singen italienischer Opern habe ich mir auch etwas „Arien-Italienisch“ angeeignet. Das hilft mir einiges zu verstehen aber das Sprechen reicht nur, um mir ein Gelato zu bestellen.

Hast du Zeit für Hobbies?
Meine Wochen sind sehr unregelmässig. Ich versuche aber am Montagmorgen ins Yoga und ab und an in den Wald spazieren zu gehen. Und es gibt einige MusikerkollegInnen, mit denen ich rein zum Spass neue Werke einstudiere.

Was bedeuten dir Zugfahrten?
Zugfahren ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden. Du erinnerst dich vielleicht an die Werbung der SBB „Unterwegs Zuhause“. So fühle ich mich oft. Ich weiss genau, wo ich einsteigen muss, um mein eigenes Viererabteil zu erwischen. Dort mache ich es mir mit einem Tee oder Kaffee gemütlich, lege die Beine, natürlich mit einer Zeitung als Unterlage, hoch und arbeite entweder an meinem Laptop oder mit meinen Noten.

Herzlichen Dank für dieses Interview! Wir sind gespannt auf deine Arbeit mit dem Gospelchor und wünschen dir viel Erfolg.